Gesinnung

Andreas Dorschel, Philosoph, hat in der Januarausgabe des Merkur ein sehr lesenswertes Essay zum Thema Gesinnung geschrieben. Er stellt dabei zunächst fest, dass man im Wahlkampf zum Studentenparlament keine Ziele mehr verkündet, sondern Gesinnung ausstellt. “Wählt uns, dann wir sind die Guten!” Diese Ausstellung von Gesinnung sei nicht belangbar, denn für seine Gesinnung kann man nicht. Sie ist einfach da. Am besten als antifaschistische und antirassistische Haltung. Gesinnung suggeriert, dass, wenn alle sie teilen, alles gut werde. Wer einmal die Gesinnung hat, der sinnt nicht mehr. So erlaubt sie antiintellektuelles Intellektuellentum. Dabei fällt auf, dass man seine Gesinnung gerne mit der Vorsilbe „anti“ schmückt. Antisexistisch, antiheteronormativ, allerdings auch klimagerecht.

Nun wird niemand von sich behaupten sexistisch und rassistisch zu sein. Vielmehr wird auch derjenige, der es ist, das Gegenteil behaupten. Das kennt man ja aus der Vergangenheit, als die Puritaner ihre Gesinnung zeigten, aber nicht immer danach lebten. Als Voraussetzung braucht die Gesinnung die Gemeinschaft der Gleichgesinnten. Doch in die Gesinnungsgemeinschaft schleicht sich etwas ein. Gesinnung, so möchte man ergänzen, ist der große Bruder der kleinen Schwester Heuchelei, die sich dazugesellt und für Unruhe sorgt. Dann in der Gemeinschaft der Gesinnten macht sich schnell der Verdacht breit. Schließlich kann man sich nie sicher sein, ob der andere seine Gesinnung nur vortäuscht, um Vorteile zu erlangen. Um jeden Verdacht zu zerstreuen braucht es deshalb die Gesinnungshuberei.

Doch wehe, wenn man was schiefgeht. Wenn man im Verhalten der edlen Gesinnung nicht immer entspricht, droht Reputationsverlust. Die Kosten der Gesinnung sind also nicht zu unterschätzen: Unfreiheit, Angst und Lüge. Als Voraussetzung für die Gesinnung braucht man außerdem eine gewisse Form von Bildung. Immerhin kennt nicht jeder das Wort heteronormativ. Auch muss man sich die Gesinnung leisten können, zum Beispiel durch eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. Dafür bekommt man im Falle einer Übernahme von Gesinnung das wohlige Gefühl, zu den Guten zu gehören.

Die Pointe nach Dorschel ist jedoch, dass Gesinnung nicht auf Gesinnungslosigkeit trifft, auch wenn das die Gesinnten gerne so hätten. Oft trifft man nur auf andere Gesinnungen, die man jedoch ablehnt. Das wahre Gegenteil von Gesinnung wäre jedoch laut Dorschel Sachlichkeit. Doch Sachlichkeit ist – so möchte ich den Text interpretieren – in einer Ich-bezogenen Gesellschaft, die Gesinnung zur Ich-Erweiterung braucht – kaum angesagt. Denn Sachlichkeit sieht vom Ich ab. Frei von Gesinnungen kann nur sein, wer über sie nachdenkt. Zumindest kann man sie sich ein wenig vom Leibe halten. Dorschel tut es auf vortreffliche Weise.

Christian Kümpel

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Macht und Methode

Wahrgenommen werden als der, der man ist… Man könnte da einwenden: Man ist nie ganz der, der man ist. Und man hat auch kein Recht darauf, zu bestimmen, wie man wahrgenommen wird. Aber folgen wir der Logik der Identitätspolitik. Wenn da ein Schwarzer steht oder geht, dann soll er in erster Linie als Schwarzer erkannt, respektiert und geachtet werden. Weil er eben ein Schwarzer ist. Dabei sei auch seine Kultur zu berücksichtigen. Was immer die im Einzelfall sein mag. Einerseits. Andererseits ist es irgendwie aber auch ganz falsch, den Schwarzen auf irgendeine Kultur festzulegen und seine Hautfarbe zu thematisieren. Da irgendwelche Bemerkungen zu machen wie: ich nehme mit Respekt ihre Hautfarbe zur Kenntnis und möchte an dieser Stelle meine Bewunderung für schwarzafrikanische Tänze zu Ausdruck bringen, können schwer ins Auge gehen. Immerhin spielen Hautfarbe und Kultur keine Rolle, irgendwie. Aber irgendwie dann wieder dann doch. Man könnte es auch so formulieren: Beachte das Schwarzsein und seine kulturellen Konnotationen immer, aber nimm es niemals wahr. Da kann man dann in der Tat sehr viel falsch machen.

Diese Botschaft erinnert dann doch sehr an die sogenannte Doppelbindung in der Psychologie. Eine Definition von Doppelbindung ist, dass man den Erwartungen des Senders nicht gerecht werden kann, weil widersprüchliche Signale gesendet werden. Dazu gehört auch, dass man, egal wie man sich verhält, bestraft wird. So wird man sowohl für das Nichtbeachten als auch für das Beachten sanktioniert, natürlich nur in Form einer moralischen Verurteilung. Zumindest noch. Schließlich gehört zur Doppelbindung, dass man nicht darauf hinweisen darf, dass man nicht etwas gleichzeitig beachten und nicht beachten kann. So kann man gleichzeitig zwei Ideen vortragen, die sich gegenseitig ausschließen, und Macht ausüben.

Aber wie? Was macht das eigentlich mit uns, wenn wir uns in so einem Dilemma befinden? Man ist meist wütend und gestresst. Doch irgendwann fängt man an, sich anzupassen. Man achtet ganz genau darauf, dass man nichts Falsches sagt. Man will eben kommunikative Probleme vermeiden. Und dann hat es eben das Dilemma seinen Sinn erfüllt. Das funktioniert auch bei der Identitätspolitik und ihren vermeindlichen Widersprüchen. Wie gut, sieht man daran, dass sich immer mehr vorsichtig verhalten, statt die kommunikativen Methoden der Identitätspolitik zu analysieren und in Frage zu stellen. Da hilft nur, einen Schritt zurückzugehen und die Dinge von außen zu betrachten. Ein guter Vorsatz für das Jahr 2022.

Christian Kümpel

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Kollateralschaden

Wieder einmal wurde in der Welt und in der FAZ thematisiert, dass es in Berlin in wachsendem Maße religiöse Konflikte gibt. Der Verein für Demokratie und Vielfalt hat jüngst eine entsprechende Umfrage dazu durchgeführt. Demnach sorgen strenggläubige Muslime dafür, dass in bestimmten Bezirken der Ramadan beachtet werden muss, Kopftuch getragen und weiblichen Lehrkräften nicht der gebotene Respekt erwiesen wird. Thomas Thiel schreibt in dem entsprechenden Artikel auch, dass Islamisten durch entsprechende Medienkanäle dafür sorgten, dass Schüler mit muslimischem Hintergrund in einer Art KZ in Deutschland leben müssten, was teilweise wohl geglaubt wird. 

Der Autor beklagt in seinem Artikel, dass sowohl Linke als auch Grüne entweder das Thema beschweigen oder als islamfeindlich einordnen. In der Tat hört sich das widersprüchlich an. Immerhin ist die Linke die Partei der Religionskritik. Wie kann das also sein, dass man sich auf die Seite der Islamisten schlägt? Die Erklärung liegt in der Identitätspolitik. Sie teilt die Menschheit in Opfer und Täter ein. Täter sind alte weiße Männer. Homosexuelle oder Schwarze sind Opfer. Und Muslime sind für Linke und Linksliberale ebenfalls Verfolgte.

Da ist man sich also mit den Fundamentalisten einig, die ja auch eine Diskriminierung der Muslime in Deutschland behaupten. Weil die Linken und Linksliberalen durch die Identitätspolitik in gewisser Weise umprogrammiert worden sind, können sie gar nicht erkennen, dass Fundamentalisten ihre Gegner sind, die die Werte der Aufklärung mit Füßen treten, Werte die die Linken und Linksliberalen angeblich vertreten. Schon gar nicht können sie deshalb den muslimischen Kindern helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dass frei ist von religiöser Unterdrückung. Im Gegenteil werden sie im Zweifelsfall Fundamentalisten und ihre Politik sogar verteidigen. Für moderate Muslime eine schlechte Nachricht. Denn von denjenigen, die sich für fortschrittlich halten, ist keine Hilfe zu erwarten. Dies sind eben die Folgen der Identitätspolitik, die vermeintlich Gutes will, leider auf Kosten der sogenannten Opfer. 

Christian Kümpel

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Wirklichkeiten erster und zweiter Ordnung

Paul Watzlawick meinte, dass es zwei Wirklichkeiten gebe, in meinen Worten eine Wirklichkeit erster Ordnung und eine Wirklichkeit zweiter Ordung. Die wirkliche Wirklichkeit erster Ordnung gehorcht naturwissenschaftlichen Gesetzen. Ein Beispiel aus der Biologie: Säugetiere verfügen über Gameten (Keimzellen). Je nachdem, ob es eine weibliche oder männliche Gamete ist, die produziert wird, handelt es sich um ein Weibchen oder ein Männchen, das es produziert. Natürlich könnte es sein, dass man irgendwann eine dritte Gametensorte findet. Dann hätte man in der Tat das dritte Geschlecht gefunden. Bis jetzt sucht man jedoch vergebens. Weil nun Menschen Säugetiere sind, gilt das Prinzip auch für uns bis auf Weiteres.

Von dieser wirklichen Wirklichkeit abgeschieden ist die gemachte Wirklichkeit zweiter Ordnung. So wird in dieser gemachten Wirklichkeit behauptet, es gäbe viele Geschlechter. Welchem Geschlecht man angehört, das hängt weniger von naturwissenschaftlichen, mehr von der gemachten Wirklichkeit ab. Das ist ein weites Feld. Auf dem Feld findet man auch den Pansexuellen. Pansexuelle werden laut Wikipedia von allem erregt, sei es weiblich, männlich oder etwas anderes. Das mag so sein. Allerdings wäre ein Pansexuelle immer noch entweder ein Mann oder eine Frau. Dass sich Pansexuelle oder Transsexuelle allerdings nicht als Männer oder Frauen sehen, ist ihre gemachte Wirklichkeit. Dass sie diese so konstruieren, wie sie sie konstruieren, dafür gibt es Gründe. Allerdings keine naturwissenschaftlichen.

Allerdings, dass Menschen die wirkliche Wirklichkeit leugnen, um in einer gemachten Wirklichkeit zu leben, ist ein höchst menschliches Verhalten. Es gibt dafür verschiedene Worte: Wahn, wenn man es nicht besser weiß, Lüge, wenn man ahnt, dass es nicht stimmt. Oft ist es aber einfach der gesellschaftliche Konsens. Der wird zur Wirklichkeit zweiter Ordnung, wenn genug Leute in ihm leben, ohne ihn in Frage zu stellen. So wäre ein Pansexueller vor 100 Jahren wohl noch als krank eingestuft worden. Heute sind viele tatsächlich überzeugt, dass Pansexuelle einem anderen dritten, vierten oder fünften Geschlecht angehören.

Gesellschaften und einzelne Mitglieder dieser konstruieren schon immer Wirklichkeiten zweiter Ordnung, die manchmal jede Verbindung zu der Wirklichkeit erster Ordnung verloren haben. Und wie jeder Wahn oder jede Wirklichkeit zweiter Ordnung, schaffen sie Mechanismen, um sich vor der Wirklichkeit erster Ordnung zu schützen, zum Beispiel indem man moralisiert. Wer das nicht glaubt, der soll einmal in einer Universität vor Studenten der FU erklären, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Er wird schnell erkennen, dass der Wahn auch kluge Menschen befallen kann und aggressiv macht im Sinne von moralischer Empörung, wenn der Wahn als solcher benannt wird. Und er wird erkennen, was Ernst Jünger einmal angesichts eines fanatisierten Nazis meinte: Verrückten zu widersprechen ist sinnlos und bringt einen nur unnötig in Gefahr. Manchmal muss man dann eben darauf vertrauen, dass der Wahn niemals ewig dauern kann, weil er irgendwann von einem anderen Wahn abgelöst werden wird. Das passiert spätestens dann, wenn der die Kosten des Wahns oder der Wirklichkeit zweiter Ordnung zu groß werden.

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Woke-Kritik von Links: PMC – “Professional-managerial Class”

Hör-Empfehlung für den linken Podcast “Aufhebunga Bunga”, deren britische Autoren das im Frühjahr auch auf Deutsch erscheinende Buch “The End of The End of History” geschrieben haben.

Hier mal ein Beispiel:
George Hoare und Alex Hochuli vom Bunga-Cast führten ein Gespräch mit Trauma-Expertin Catherine Liu über ihre letzten Bücher.
https://youtu.be/befHbT_caS8

Es ging dabei letztendlich um die schon von Andreas Reckwitz beschriebene “Neue Akademische Mittelklasse”.
Doch während Reckwitz dabei eher wohlwollend deskriptiv ist, gehen diese beiden  Linksradikalen Podcast-Akademiker (u.a. Autoren für “jacobin”) und ihre nicht weniger linke Gesprächspartnerin  äußerst kritisch mit der woken  “Professional-managerial Class” ins Gericht. Unter anderem wegen deren moralischen Überheblichkeit und wegen ihres Klassenantagonismus zur sog. “working class” …

Wir wracken alles ab

Wenn die Familie als Institution dich stört, dann solltest Du den Familienbegriff solange aufweichen, bis nichts mehr übrigbleibt, zum Beispiel mit einer Verantwortungsgemeinschaft als Alternative. Falls dich die Gesellschaft als Ganzes bedrückt, dann solltest Du diese solange moralisch in Frage stellen, bis jeder glaubt: Diese Gesellschaft ist ungerecht, rassistisch und sexistisch. Damit fängt man am besten im Kindergarten an. Und solltest du der Meinung sein, dass die Menschen in einem Land übel sind, dann erkläre sie zum Problem. Vielleicht kann man sie durch Einwanderer erstetzen. Dabei geht es natürlich nicht darum, was tatsächlich ist. Es geht darum, das Alte aufzulösen, damit man es abwracken, um für etwas Neues, Besseres Platz zu machen.

Tatsächlich gehört es seit allen Zeiten das Delegitimieren zur Technik derjenigen, die das Alte verabschieden und das Neue herbeiführen wollten. So haben ja die bürgerlichen Kräfte durchaus die Adligen Vorstellungen subversiv unterwandert, indem sie in Literatur und Theater die adlige Welt problematisierten. Erinnert sei auch an die Delegitimierungsstrategien der Nazis in der Weimarer Republik. Und was ist mit den Kommunisten und ihren Einflüsterern?

Allerdings müssen die Menschen auch irgendwie dazu gebracht werden, zu glauben, ihre alte Welt sei von grundsätzlichem Übel. und das, was kommt, wäre viel besser. Normalerweise sollte man da skeptisch sein. Aber die einen tun am Ende mit, weil sie tatsächlich denken, sie lebten in einer unerträglichen Welt. Die anderen helfen beim Abwracken, weil sie Mitläufer sind. Sie spüren zum Beispiel, dass es weniger soziale Kosten verursacht, zu gendern, auch wenn sie nicht unbedingt Fans sind. Damit legitimieren sie wiederum diese vollkommen absurde Form sich auszudrücken und delegitimieren normales Deutsch. Die meisten kümmern sich nicht drum, bis es zu spät ist, bis sie gendern müssen und die Ehe aufgehört hat, zu existieren. Immerhin hat nicht jeder Zeit und Lust, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Günstig für die Abwracker.

Vergessen wir nicht, dass der Vater der Identitätspolitik, Michel Foucault, das Wort subversiv sozusagen subversiv verwandelt hat. Es bekam nun den positiven Klang des Revolutionären. Und so untergräbt man auch mit seinem Segen munter alles, was man so vorfindet. Wohin uns das alles führen wird? Jedenfalls weit weg von dem, was war. Und ich habe keinen Zweifel, dass irgendwann auch das, was nun entsteht, in der Kritik stehen wird. Denn das ist ja der Kern unserer modernen und postmodernen Gesellschaften: Wir delegitimieren das Alte, weil das Neue so viel besser zu sein verspricht. Allerdings hat es seine Versprechungen bis jetzt nicht immer gehalten. Im Gegenteil. Das vergessen wir bloß leider immer wieder. Warum nur?

Christian Kümpel

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Und wenn wir alle Opfer wären?

Die Gesellschaft kann, wenn man nur will, als Ansammlung von Opfergruppen aufgefasst werden. Schwarze, Frauen, Behinderte… die Gruppen sind ohne Zahl. Doch sind wirklich alle Opfer? Wir kennen den Einwand. So wären reiche, schwarze Frauen eher keine Opfer. Aber vielleicht ist das falsch gedacht. Warum sollen nicht auch erfolgreiche Menschen Opfer sein? Immerhin hat sich vielleicht schon jemand hinter ihrem Rücken über die Dame lustig gemacht, über ihre Hautfarbe und ihren schlechten Geschmack in Kleidungsfragen. Die Frage wäre also geklärt. Opfer kann in der Tat jeder sein.

Wenn aber jedermann Opfer sein kann, dann allerdings auch der berüchtigte alte, weiße Mann. Und er ist schon deshalb Opfer, weil er ja ständig als Täter stigmatisiert wird. So wie in alten US Kriegsfilmen immer der Deutsche der Böse war, so ist eben heute immer der alte, weiße Mann der Dauer-Übeltäter. Und dass die Darstellung der Deutschen in Kriegsfilmen aus den 60iger Jahren diskriminierend war, ist wohl evident. Schlimm, wie dumm sich 1000 Wehrmachtssoldaten anstellten, wenn zwei GIs erst mal in Fahrt kamen. Da hatten sie keine Chance, selbst wenn sie über Panzer verfügten und die US-amerikanische Soldaten nur über ein Kartoffelmesser, bestenfalls. Den deutschen Soldaten so darzustellen, das war natürlich lächerlich. Ich fand´s eigentlich trotzdem nicht schlimm. Aber das waren ja auch andere Zeiten. Da war man nicht so empfindlich. Und heute?

Heute müssen wir neu denken, und zwar im Lichte der Identitätspolitik! Und das heißt konkret: Wenn sich der alte, weiße Mann als Opfer fühlt, dann ist eins. Und zwar ein so großes wie die anderen auch. Oder gibt es etwas irgendwelche Opferherarchien? Insofern können wir uns einreihen, bei den andern Opfer-Gruppen. Und dürfen dabei auch ein wenig stolz sein. Denn es ist etwas besonders ein Opfer zu sein.

Christian Kümpel

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TransGender: Die neue Identitätspolitik der FDP

Ich bin ein wenig entsetzt darüber, dass die FDP sich so von der QUEER-FDP treiben lässt. Dass Themen vor denen all diese großartigen libertären britischen Podcasts (Andrew Doyle, Brendan O’Neill Show, TRIGGERnometry usw.) aktuell hoch und runter warnen:

  • totalitärer TransGender-Aktivismus mit
  • Shitstorms für Feministinnen, die verneinen man könne das biologische Geschlecht ändern und
  • Transphobie-Vorwürfe für Lesben, die sich weigern TransFrauen zu daten,
  • mit unfruchtbar machenden Pubertätsblockern für Genderdysphoria-Kinder auch gegen den Willen der Eltern,
  • mit Geldbuße (bis 2500 Euro) bei Nichtverwendung der bevorzugten Geschlechts-Pronomen von Transmenschen usw. …

Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, dass all dies jetzt auch in Deutschland kommen wird. Ausgerechnet auf den Weg gebracht aufgrund einer FDP-GESETZESINITIATIVE.

Wo bleibt die FDP, die sich während der grossen identitätspolitischen Debatten vor der Bundestagswahl für die Freiheit stark gemacht hat. Wo bleibt Kubicki?

Der FAZ-Autor Thomas Thiel setzte sich schon im Januar diesen Jahres mit dem Transgender-Gesetzesentwurf von FDP und GRUENEN auseinander, der damals scheiterte, aber jetzt mit der Ampel-Koalition kommen wird:

Nach den deutschen Gesctzesentwürfen soll ein Kind mit voIlendetem vierzehnten Lebensjahr, also noch vor dem Ende der Pubertät und des körperlichen Reifungsprozesses, selbst – ohne ärztliche Beratung und elterliche Einwilligung über den hormonellen Geschlechtswechsel entscheiden.

Die Gesetzesentwürfe von Grünen und FDP kommen dem nah: Sie sehen Sanktionen bis 2500 Euro vor, wenn das frühere Geschlecht einer Person genannt wird – auch dann, wenn es nicht in diskreditierender Absicht geschieht.<<

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/abschaffung-des-koerperlichen-geschlechts-darum-wird-geschwiegen-17169758.html

USA: Pro Life strikes back!

German Version in the second Part. The late Supreme Court judge Ruth Bader Ginsburg – a progressive icon – once correctly pointed out that the pro-choice movement made the mistake of always relying on one Supreme Court judgment (Roe vs. Wade) and not having secured this on the legislative level by law. This is taking revenge now: After the appointment of three judges during Trump’s tenure, there will be a clear conservative majority for many years to come. As a reminder, Supreme Court judges are appointed lifelong. The pro-life movement in the US is therefore on the verge of a great victory. Of course, this will also have an impact on Europe.

Die verstorbene Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg – eine progressive Ikone – hat einmal vollkommen richtig darauf hingewiesen, daß die pro-choice-Bewegung den Fehler gemacht habe, sich immer nur auf ein Supreme-Court-Gerichtsurteil (Roe vs. Wade) zu verlassen und dieses nicht auf der legislativen Ebene also per Gesetz abgesichert zu haben. Das rächt sich jetzt, wo es nach der Ernennung von drei Richtern in der Amtszeit von Trump für viele Jahre eine deutliche konservative Mehrheit geben wird. Zur Erinnerung: Supreme Court Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Die pro-life-Bewegung in den USA steht daher kurz vor einem großartigen Sieg. Das wird natürlich auch Auswirkungen auf Europa haben.

Ich bin Opfer, also bin ich

Was haben einige Farbige und Donald Trump gemeinsam? Sie sind Opfer. Ständig jammern sie herum, wie schlecht sie behandelt werden. Und sie sind nicht die einzigen. Da gibt es noch die Transsexuellen, die Homosexuellen, die Harz-4-Empfänger und die AfD-Anhänger. Und was ist mit den Geimpften? Sind sie nicht auch Opfer? Irgendwie sind wir also alle viktimisiert. Und was folgt daraus? Sicher zweierlei. Wenn alle Opfer sind, dann muss man sich schon ein bisschen mehr anstrengen, wenn man als Opfer noch wahrgenommen werden will. Da helfen extreme Ansichten und Maßnahmen. Deshalb wohl die Dauerhysterie und die Identitätspolitik von links und rechts. Und dann muss man natürlich den anderen den Opferstatus absprechen. Das bekommen nun auch die Feministen zu spüren. Das es jedenfalls eine klare Opfer-Wertehierarchie gibt, dachte wohl auch Tschechow, der meinte: Vergiss nicht, dass es besser ist, Opfer zu sein als Henker. So kann man aber eigentlich nur reden, wenn man nicht wirklich geköpft wird.

Man könnte nun darüber spekulieren, warum es so attraktiv geworden ist, Opfer zu sein. Ich persönlich vermute, das fing mit Jesus an. Großes Opfer, große Belohnung. So sitzt er nun zur rechten Gottes. Aber auch in nicht-christlichen Kulturkreisen geriert man sich gerne als Victim. Die Gründe dafür sind vielfältig: Ein Opfer zu sein, das schafft Identität im Sinne von Einmaligkeit. Ich leide also bin ich. Dann bekommt man auch noch Aufmerksamkeit. Das ist die eigentliche Währung in einer Gesellschaft der Aufmerksamkeitsökonomie. Schließlich erhält man auf subtile Art und Weise Macht über andere, wirkt grundsätzlich unschuldig und gelangt auch zu moralischer Überlegenheit, die einem der Opferstatus zukommen lässt. Man wird Opfer und Richter in einem. Unsere postheroische Gesellschaft scheint das Opfersein so geradezu zu befördern. Vielleicht auch, weil man doch vom Tätervolk herkommt, das überwunden werden muss. Aber vielleicht ist es einfach auch nur eine zwangsläufige Entwicklung der Spätkultur. Vom kulturlosen Rüpel zum rüpelhaften Sensibelchen.

Erstaunlich wie anders da noch vor zwei, drei Generationen unsere Vorfahren waren. Ich denke da nur an Arnold Gehlen oder Ernst Jünger. Das waren gepanzerte Persönlichkeiten, die bis ins Mark das Kühle und Distanzierte pflegten. Sie personifizierten die Verhaltenslehre der Kälte. Man hätte sich verbeten, Opfer zu sein. Ob extreme Härte gegen sich selbst immer gut ist? Vermutlich nicht. Doch wie das immer so ist: Man überwindet das eine nicht ohne das Kosten anfallen. Man hat sicher das Männliche, Harte und Unbarmherzige hinter sich gelassen. Doch vor uns steht nun der Jammerlappen als Schwundstufe der Kultur, der zwischen Wut und Selbstmitleid hin und her schwingt und sich als Daueropfer geriert, der seinen Safe Space braucht. Die Identitätspolitik ist dabei nur die passende Ideologie für einen neuen Typus Mensch: der Pseudologe. Gehört ihm die Zukunft? Mit Sicherheit nicht. Die Sehnsucht nach dem Männlichen wird vermutlich wieder stärker. Und dann wird der Pendel wieder in die andere Richtung ausschlagen. Wann es soweit sein wird, vermag ich nicht zu sagen. Aber irgendwann wird man der vielen Opfer überdrüssig. Und dann könnte es bitter werden.

Christian Kümpel

Bild: Pixabay

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