Scheitern besser erklärt

Wenn man als Afrikaner in Europa scheitert, dann aus verschiedenen Gründen. Es könnte an mangelnder Bildung, an einem löchrigen sozialen Netzwerk oder dem Wirtschaftssystem liegen. Die Identitätspolitik liefert allerdings die ultimative Ursache. Man scheitert immer aus einem Grund, den man selbst nicht zu vertreten hat, und der doch etwas mit einem selbst zu tun hat: Rassismus.

Wenn man keinen Erfolg hat, dann wäre es normalerweise ein Grund, Fehleranalyse zu betreiben. Aber da baut die Identitätspolitik vor. Denn am Ende liegt es immer daran, dass man schwarz ist in einem Umfeld, in der man Schwarzen keine Chance gibt. Während jedes Scheitern früher mit einem Schamgefühl behaftet war, kann man jetzt stolz auf die Identität verweisen. Man hatte nie eine Chance, weil man ist, wie man ist.

Die dunkle Seite dieser Weltanschauung ist allerdings, dass niemand auf diese Weise befähigt wird. Befähigt wird eher derjenige, der meint, dass man Widerstände überwinden müsse, indem man sich anstrengt. Derjenige, der meint, dass die Schuld für eigenes Scheitern niemals bei sich zu suchen wäre, der wird sich einrichten und hat noch die Moral auf seiner Seite. Der einzige Wermutstropfen ist da nur, dass es Dunkelhäutige gibt, die erfolgreich sind. Das spräche eigentlich dagegen, dass man alles mit Rassismus erklären könnte. Aber wenn alles nichts hilft, dann kann man ja in diesen Fällen den Zufall bemühen. Wichtig ist nur, dass man sein Weltbild schützt. Die Identitätspolitik liefert da die besten “Begründungen”.

Kü  

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Menschen sind feige

Menschen sind feige. Sie müssen es sein. Denn sie sind aufeinander angewiesen. Sie sind sozusagen soziale Tiere, die nicht allein existieren können. Und das hat Konsequenzen. Man begehrt nicht auf, man duckt sich weg, man formt seine Meinungen der Umwelt an. Feigheit hilft uns zu überleben.

Deshalb schreibt die Max-Planck-Gesellschaft: „Menschen passen nicht nur ihr Äußeres an verschiedene, oberflächliche Modeerscheinungen an, sondern orientieren ihre Meinung oft an der Mehrheitsmeinung, selbst wenn diese nicht ihrer eigenen entspricht. Diese Anpassungsfähigkeit spielt eine wichtige Rolle beim Erwerb kulturspezifischen Verhaltens. Wir erwerben dieses, indem wir uns am Verhalten anderer Gruppenmitglieder orientieren. Werden wir dabei von Anderen mit Informationen konfrontiert, die im Widerspruch zu unseren eigenen Ansichten stehen, übernehmen wir im Zweifelsfalle die Meinung der Mehrheit.“ Weiter heißt es: „Am ersten Teil der Studie nahmen pro Durchgang vier Kinder teil. Sie erhielten scheinbar identische Bücher mit jeweils 30 Doppelseiten, auf denen Tierfamilien dargestellt waren. Links waren Mutter, Vater und Kind zusammen, rechts nur jeweils ein Familienmitglied. Die Kinder sollten nun bestimmen, um welches Familienmitglied es sich handelte. Aber nur drei der Bücher waren tatsächlich identisch, beim vierten war manchmal auf der rechten Seite ein anderes Bild zu sehen. Die Kinder dachten jedoch, dass sie alle die gleichen Bücher vor sich hatten. „Das Kind, welches das abweichende Buch erhalten hatte, wurde mit der aus seiner Sicht völlig falschen Einschätzung dreier Gleichaltriger konfrontiert“, erklärt Haun. „Von 24 Kindern passten sich 18 Kinder in einem oder mehreren Fällen dieser mehrheitlichen Einschätzung an, obwohl sie es eigentlich besser wussten“.“

„Aus welchen Gründen sich bereits Vorschulkinder der Mehrheit anpassen, untersuchten die Forscher im zweiten Teil der Studie. Abhängig davon, ob eine Lampe leuchtete oder nicht, sollten die Kinder nun die richtige Lösung entweder laut aussprechen oder still auf das entsprechende Tier zeigen, sodass nur der Studienleiter, nicht aber die anderen Kinder die Antwort sehen konnten. Von 18 Kindern, die nicht der Mehrheit angehörten, übernahmen 12 in einem oder mehreren Fällen deren Einschätzung, wenn sie ihre Antwort laut aussprechen mussten. Sollten sie hingegen still auf die richtige Antwort zeigen, übernahmen nur 8 von 18 Kindern die Mehrheitsmeinung. Die Kinder passten also in der Regel ihre öffentliche nicht aber ihre private Antwort an die Mehrheit an. Das deutet darauf hin, dass die Anpassung soziale Gründe hat, wie zum Beispiel die Akzeptanz innerhalb der Gruppe. „Bereits vierjährige Kinder unterliegen einem gewissen Gruppenzwang und beugen sich diesem zum Teil aus sozialen Beweggründen“, so Daniel Haun.“

Die Identitätspolitik macht sich zunutze, dass wir feige sind. Privat meinen wir, dass das alles Irrsinn ist. Sagen tun wir es nicht.  Die meisten machen brav mit. Es ist eben so, dass man kein Nazi-Deutschland braucht, um Konformität herzustellen. Man braucht auch keine Sowjetunion. Menschen können sich auch in einem demokratischen System so verhalten, als ob es eine Diktatur wäre. Der Druck muss nur groß genug sein. Wir selbst sind eben immer das schwächste Glied in der Kette. Und leider sind wir nicht alle wie Sophie Scholl, sondern eher wie Radarmenschen, die zusehen, dass sie nirgends anecken, und zwar schon in jungen Jahren.  

Bild von Rob van der Meijden auf Pixabay

Don´t feed the beast!

Aufklärer denken, dass sich die Wahrheit langsam, aber sicher offenbart. Darin ist die Aufklärung ganz Kind des Christentums. Auch Thierse ist jemand, der meint, die Wahrheit brauche Zeit, um sich zu zeigen. Und so bittet er um Verständnis dafür, dass manche bei den Forderungen der Identitätspolitik auf dem Marsch ins Licht nicht so mitkommen. „Ich wünsche mir, dass man dem „gemeinen Volk“ ein bisschen mehr Zeit lässt.“, so lässt er in dem Interview verlauten, das er dem Tagesspiegel gegeben hat. Die Bemerkung zieht allerdings seinen eigenen Thesen den Boden unter den Füßen weg.

Zu diesen schreibt Wikipedia „Die Identitätspolitik von rechts sei eine Politik, die zu Ausschließung, Hass und Gewalt führe. Und die Identitätspolitik von links führe, wenn sie einseitig und radikal betrieben werde, zu Cancel Culture. Das heiße, man wolle sich nicht mehr mit Leuten auseinandersetzen, die Ansichten hätten, die einem nicht passten. Das sei „ziemlich demokratiefremd“ und im Grunde demokratiefeindlich.“ So weit, so richtig. Doch was soll dann der Satz, man müsse dem gemeinen Volk mehr Zeit lassen, das Anliegen der Identity-Policy-Kaste nachzuvollziehen.

Und da sind wir eben wieder bei dem Grundproblem der Sozialdemokratie: Allen wohl und keinem Weh: ESPEDE. Man will es allen recht machen, auch dem ID-Monster, indem man seinen Forderungen nicht hart entgegentritt, sondern es bittet zu warten, bis auch das dumme Volk verstanden hat. Dabei sollte man eher mit Christopher Hitchens grundsätzlich feststellen: „Leute, die mit ihrer Haut, ihren Genitalien oder ihrem Clan denken, sind zunächst mal ein Problem.“ Und: „Der große Irrtum der heutigen politischen Korrektheit – um etwas zu sichern, das vage als” Vielfalt “bezeichnet wird, besteht es auf etwas, das definitiv als Konformität erkennbar ist.“ Anders gesagt: Wenn das dumme Volk endlich versteht, dass man mit schwarzer Hautfarbe, weiblichem Geschlecht und religiösen Überzeugungen grundsätzlich unterdrückt ist, sind wir immer noch nicht erlöst. Im Gegenteil.

Bild von Alexandra ❤️A life without animals is not worth living❤️ auf Pixabay