Wann ist es vorbei?

Argumente sind stichhaltige Gründe, die man in der Diskussion anführt, um andere zu überzeugen. Man sollte sich ihnen nicht verschließen, wenn sie gut sind. Aber lohnt es sich, mit jemanden zu argumentieren, der eindeutig nicht erreichbar ist? Würden Sie zum Beispiel mit einem Sektenmitglied reden? Wozu? Denn egal, was für Argumente sie vorbringen, sie werden es nicht überzeugen. Diskussionen lohnen eher mit Personen, die grundsätzlich offen sind für Argumente. Sektenmitglieder sind es sicher nicht.

Das gilt auch für Fanatiker im Umfeld der LGTBQ+ – Bewegung. Denn wenn man ihnen erklärte, dass es tatsächlich nur zwei Geschlechter gibt und dies mit Argumenten unterlegt, dann werden sie vermutlich Beispiele bringen, die allerdings kein anders Geschlecht begründen, sondern eben nur ihre Ansichten bestätigen, weil man über Gefühle nicht streiten könne. Das ist ein bisschen so wie bei Sektenmitgliedern, die einem erklären, dass man diese Wahrheit fühle. Da ist dann Schluss. Denn über Gefühle kann nicht sinnvoll gestritten werden.

Wenn also alles Argumentieren nicht lohnt, ist dann die Sache derjenigen verloren, die mit guten Gründen erklären, dass es nur zwei Geschlechter gibt? Vermutlich nicht. Denn alle Wahnvorstellungen verblassen irgendwann. Egal, ob es um Hexenhysterie oder Nationalsozialismus handelt, keine Vorstellung hält sich auf Dauer. Sie hat ihre Zeit und geht irgendwann vorüber. Die schlechte Nachricht: Abgelöst wird sie meist von einem anderen Wahn.

Doch was wäre denn nun der Wahn unserer Zeit? Dass der Einzelne glaubt, er wäre einerseits etwas Besonderes, aber andererseits stimmte mit ihm etwas nicht, dies ist der aktuelle Irrsinn. Der Mensch ist heutzutage, wenn man so will, der Dauerpatient, der therapiert werden muss, damit er als schöner Schmetterling davonflattern kann. Das ist natürlich Unsinn.

Der Grund für den Wahn könnte aber enden, wenn die Menschen sich nicht als unvollkommen und falsch erlebten, weil sie etwas Besonders sein müssen. Das ist allerdings ein Prinzip, das im Westen, wo man dem Individualismus frönt, systemimmanent ist. Wir werden deshalb wohl noch eine ganze Weile warten müssen, bis sich hier was ändert. Bis dahin gilt es, sich nicht kirre machen zu lassen und zu lernen, sich zu dem Irrsinn zu verhalten.

Christian Kümpel

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Freiheit

Freiheit ist ein sehr komplexes Thema. Je näher man Freiheit betrachtet, desto mehr Formen tauchen auf. Da gibt es die positive Freiheit. Darunter versteht man, dass man Möglichkeiten hat, Freiheitsrechte auszuüben. Wer keinen Zugang zu Medien hat, der ist eben nicht ganz frei. Dann gibt es die negative Freiheit. Wer frei von inneren und äußeren Zwängen ist, der kann sich glücklich schätzen. Doch wer unter Ängsten leidet, der ist eben nicht frei. Natürlich kann man noch weitere Freiheitsformen finden. Zum Beispiel Vertragsfreiheit. Hier hat sich zumindest in den USA die Meinung durchgesetzt, diese Freiheit muss eingeschränkt werden. Denn ein Bäcker muss dort auch einem schwulen Hochzeitspaar eine Torte backen, selbst wenn dies seinen religiösen Vorstellungen widerspricht. Freiheit stößt auf Widerstand, besonders wenn andere Anerkennung einfordern. Doch das nur nebenbei.

Eine neue Freiheitsform scheint nun eine weitere Dimension zu erreichen. Ich spreche von der subjektiven Freiheit. Was ist darunter zu verstehen? Subjektive Freiheit meint, dass man sein kann, wer oder was man will, ohne dass man deshalb auf objektive Umstände hingewiesen werden dürfte. Jedermann kann so selbst darüber bestimmen, welches Geschlecht, welches Alter oder welche Hautfarbe er hat. Wer das nicht glaubt, der sei an Markus Ganserer erinnert. Er ist ein Mann, der von sich behauptet, eine Frau zu sein. Widerspruch kommt da nur noch von wenigen und wird mit Empörung belegt.

Leonardo da Vinci meinte einst: Wer nicht kann, was er will, muss das wollen, was er kann. Anders gesagt: Wer nicht fliegen kann, der ist so frei zu gehen. Er ist aber nicht so frei zu fliegen. Doch das war gestern. Der Freiheitsbegriff wird jetzt ins Subjekt gelegt, und zwar absolut. Das Problem dabei ist, dass man nun kaum noch zwischen Freiheit und Wahn unterscheiden kann.

Wie meinte der Psychologe Christian Scharfetter: „Wahn ist eine nur persönlich gültige, starre Überzeugung von der eigenen Lebenswirklichkeit, vor der Unterscheidung zwischen der „inneren“ Eigenwelt und „äußeren“ Umwelt. Wahn ist für den Kranken evidente Wirklichkeit. Der Wahn wird als gewiss, keines Beweises, keiner Begründung bedürftig erfahren. Wahn ist ein Wissen, kein vertrauendes oder im Zweifel dennoch wagendes Glauben. Die bisherige Erfahrung und zwingende Gegenargumente erschüttern die Wahngewissheit nicht. Zweifel wird nicht zugelassen. Eine Änderung des Standpunkts, eine Relativierung der Überzeugung ist nicht möglich.“ Und, so möchte ich ergänzen, der Wahn ist ansteckend, wenn die Wahnvorstellung von anderen zum Maßstab für die Wirklichkeit gemacht wird. Der “Wahnsinnige” bestimmt so für die Umwelt, was als wahr zu gelten hat.

Reaktionäre des 19. Jahrhunderts kritisierten, dass die Menschen durch die Revolution in die Freiheit entlassen würden und diese dem einzelnen ständig den Boden unter den Füßen wegziehe. Am Ende verliert das Individuum jeden Halt. Damit hatten sie nicht ganz unecht, weil Freiheit Maß braucht. Wird die Freiheit absolut in den Einzelnen gelegt, dann ist der Absturz die logische Folge. Inwieweit diese subjektive Freiheit nun die Freiheit anderer bedroht, objektive Gegebenheiten noch benennen zu dürfen, das wird die Freiheitsfrage der nächsten Jahre werden.

Christian Kümpel

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Wein und Wahn

Die Bild-Zeitung meldet: Die rheinland-pfälzische Familienministerin Katharina Binz (Grüne) startet einen „QueerWein“-Wettbewerb. Die Initiative richtet sich an lesbische, schwule, bisexuelle, intergeschlechtliche Winzer aus Rheinland-Pfalz. Bewerben können sich Weingüter, bei denen Nicht-Heterosexuelle „in verantwortlicher Position sind“. Man wolle 500 Flaschen aufkaufen, und Gästen im Land schenken.

Die Frage ist sicherlich erlaubt, was man mit so einem Wettbewerb bezweckt. Will man mehr Aufmerksamkeit für schwule Winzer? Dann wird es schwer. Denn bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet. Wünscht man zu beweisen, dass auch lesbische Weingüterbesitzer erlesene Qualität herstellen können? Das ist eigentlich nie bezweifelt worden. Soll Krövers Nacktarsch – eine Großlage an der Mosel – um andere anzügliche Namen ergänzt werden. Fahnenschwinger oder Oppenheimer Sackträger sind allerdings schon im Umlauf. Braucht man dafür also einen Wettbewerb? Oder geht es einfach nur darum zu zeigen, dass man als Grüner überall das Thema Gender verankern kann? Das könnte hinhauen. Als Grüner ist man ja quasi hauptamtlich verpflichtet, das Thema ständig aufs Tapet zu bringen. Dann wäre bald auch der schwule Müllwerker des Jahres oder der Monat der lesbischen Lehrerinnen fällig. Bald verschwände der Funktionsträger hinter der sexuellen Orientierung.

Wer da nun meint, das Ganze erinnere an einen Wahn, der liegt vermutlich nicht ganz falsch. Denn wo überall nur noch queeres Leben gesehen wird, da spricht man von Obsession. Und wer einmal der Obsession erliegt, dem ist nur noch schwer zu helfen.

Christian Kümpel
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Wirklichkeiten erster und zweiter Ordnung

Paul Watzlawick meinte, dass es zwei Wirklichkeiten gebe, in meinen Worten eine Wirklichkeit erster Ordnung und eine Wirklichkeit zweiter Ordung. Die wirkliche Wirklichkeit erster Ordnung gehorcht naturwissenschaftlichen Gesetzen. Ein Beispiel aus der Biologie: Säugetiere verfügen über Gameten (Keimzellen). Je nachdem, ob es eine weibliche oder männliche Gamete ist, die produziert wird, handelt es sich um ein Weibchen oder ein Männchen, das es produziert. Natürlich könnte es sein, dass man irgendwann eine dritte Gametensorte findet. Dann hätte man in der Tat das dritte Geschlecht gefunden. Bis jetzt sucht man jedoch vergebens. Weil nun Menschen Säugetiere sind, gilt das Prinzip auch für uns bis auf Weiteres.

Von dieser wirklichen Wirklichkeit abgeschieden ist die gemachte Wirklichkeit zweiter Ordnung. So wird in dieser gemachten Wirklichkeit behauptet, es gäbe viele Geschlechter. Welchem Geschlecht man angehört, das hängt weniger von naturwissenschaftlichen, mehr von der gemachten Wirklichkeit ab. Das ist ein weites Feld. Auf dem Feld findet man auch den Pansexuellen. Pansexuelle werden laut Wikipedia von allem erregt, sei es weiblich, männlich oder etwas anderes. Das mag so sein. Allerdings wäre ein Pansexuelle immer noch entweder ein Mann oder eine Frau. Dass sich Pansexuelle oder Transsexuelle allerdings nicht als Männer oder Frauen sehen, ist ihre gemachte Wirklichkeit. Dass sie diese so konstruieren, wie sie sie konstruieren, dafür gibt es Gründe. Allerdings keine naturwissenschaftlichen.

Allerdings, dass Menschen die wirkliche Wirklichkeit leugnen, um in einer gemachten Wirklichkeit zu leben, ist ein höchst menschliches Verhalten. Es gibt dafür verschiedene Worte: Wahn, wenn man es nicht besser weiß, Lüge, wenn man ahnt, dass es nicht stimmt. Oft ist es aber einfach der gesellschaftliche Konsens. Der wird zur Wirklichkeit zweiter Ordnung, wenn genug Leute in ihm leben, ohne ihn in Frage zu stellen. So wäre ein Pansexueller vor 100 Jahren wohl noch als krank eingestuft worden. Heute sind viele tatsächlich überzeugt, dass Pansexuelle einem anderen dritten, vierten oder fünften Geschlecht angehören.

Gesellschaften und einzelne Mitglieder dieser konstruieren schon immer Wirklichkeiten zweiter Ordnung, die manchmal jede Verbindung zu der Wirklichkeit erster Ordnung verloren haben. Und wie jeder Wahn oder jede Wirklichkeit zweiter Ordnung, schaffen sie Mechanismen, um sich vor der Wirklichkeit erster Ordnung zu schützen, zum Beispiel indem man moralisiert. Wer das nicht glaubt, der soll einmal in einer Universität vor Studenten der FU erklären, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Er wird schnell erkennen, dass der Wahn auch kluge Menschen befallen kann und aggressiv macht im Sinne von moralischer Empörung, wenn der Wahn als solcher benannt wird. Und er wird erkennen, was Ernst Jünger einmal angesichts eines fanatisierten Nazis meinte: Verrückten zu widersprechen ist sinnlos und bringt einen nur unnötig in Gefahr. Manchmal muss man dann eben darauf vertrauen, dass der Wahn niemals ewig dauern kann, weil er irgendwann von einem anderen Wahn abgelöst werden wird. Das passiert spätestens dann, wenn der die Kosten des Wahns oder der Wirklichkeit zweiter Ordnung zu groß werden.

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