Der Vortrag war interessant. Es ging um Erkenntnisse der Sozialpsychologie. Ideen, die in anderen Gruppen entwickelt werden, können nur schwer übernommen werden, weil das Gruppendenken dies verhindert. Das nennt man Not-Invented-Here-Syndrom. Denn Ideen von anderen sind per se mies. Nur Ideen aus der eigenen Gruppe sind was wert. Wenn man aber den freien Fluss von guten Ideen durch Gruppendenken behindert, sollte man die Gruppen nicht am besten aufbrechen. Zum Beispiel mithilfe der Diversität.
Auch sonst erscheint Diversität als das Allheilmittel für die Leiden dieser Welt. Oder zumindest für die Probleme der Wirtschaft. Betriebe mit hohem Frauenanteil seien viel profitabler, weil da eben Frauen und Männer interagieren. Mag sein. Allerdings gibt es einen kleinen Haken. Denn, wie die Deutsche Welle schreibt, die Neuen wollen manchmal ihre Sitten und Gebräuche durchsetzen. Da gibt es dann Reibungen.
Aber vermutlich nicht lange. Denn sonst funktioniert die Gruppe ja auch nicht. Die vermeintliche Diversität, die propagiert wird, verwandelt sich sehr schnell. Wenn man ein Unternehmen wie Google nimmt, sitzen da in den Gruppen keine Armen, Kranken, Geistesschwachen oder gar Nazis. Da sitzen Menschen, die vielleicht unterschiedliche Hautfarben haben, sich aber von ihrem geistigen, ökomischen oder sozialen Hintergrund her sehr ähnlich sind oder sehr ähnlich werden. Und die vor allem klug und gut ausgebildet sind. Und diese Form Homogenität hindert sie überhaupt nicht daran, gute Ideen zu entwickeln, im Gegenteil. Dies allerdings in Konkurrenz zu anderen Gruppen, was ja auch beflügelnd sein kann.
Überhaupt, was die sogenannte Diversitätspolitik nicht leisten kann: Sie kann nicht verhindern, dass sich Menschen in Gruppen organisieren, die immer nach dem Schema der In- und Outgroups funktionieren. Und in den Ingroups findet man schnell das Gemeinsame. Sonst wäre es ja auch keine Gruppe. Und das ist dann die Ironie der Geschichte: Gruppendenken bekämpfen hieße, eine neue heterogene Gruppe zu bilden, in der die Gruppenmitglieder bald über saliente Eigenschaften Gruppenzugehörigkeitsgefühl herstellten und damit wieder homogen werden. Das könnte dann auch der Grund sein, warum Gruppen, die sich für divers halten auf den Beobachter gar nicht so besonders divers wirken. Vermutlich weil sie es auch gar nicht sind.
Christian Kümpel
Bild: Pixaybay