Schwanengesang

Schwanengesang

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Der Ausdruck Schwanengesang stammt aus der Mythologie. Schwäne würden kurz vor ihrem Tode noch einmal einen wunderschönen Gesang anstimmen und dann sterben. Wunderschön ist das Lied der westlichen Gesellschaft kurz vor ihrem Ende allerdings nicht. Dafür jedoch sehr laut die Klage, wie schlecht alles sei, nämlich rassistisch, frauenfeindlich und verflucht mit einem schändlichen historischen Erbe, wie man wieder in der FAZ lesen konnte. Zumindest die Niederlande scheinen auf Seite drei untröstlich wegen ihrer Vergangenheit zu sein. Aber sie sind da nicht alleine. Alles schlimm und verderbt und voller Schuld, wenn man es genauer betrachtet. Dabei waren wir noch vor kurzem so stolz auf die gesellschaftlichen Entwicklungen. Aber die Geschichte holt uns mal wieder ein, vor allem die Kolonialgeschichte, so wie ein Porsche den Trabi.  

Doch wozu dieses Getöne? Die Vorherrschaft der Weißen ist schon lange gebrochen. Die Chinesen geben den Ton an, auch in Afrika. Die Kolonien sind perdu. Und Rassismus mag es geben. Aber die Eliten – und auf die kommt es an – beglaubigen ihren verkrampften Antirassismus jeden Tag durch wohlfeile Worte. „Seht her, ich bin ein Antirassist!“, rufen Sie jedem zu, der es nicht hören möchte. Woher aber dann das Bedürfnis, sich und die Vergangenheit im denkbar schlechtesten Licht darzustellen und sich als geläutert zu geben?

Vielleicht möchte man auf der Seite der Sieger sein, auf der Seite derjenigen, denen die Zukunft gehört. Denn der alte weiße Mann, aber auch die alte weiße Frau werden es nicht sein. Schon heute möchte man fragen, wie es wohl kam, dass weiße Engländer, Franzosen oder auch Deutsche die Welt erobern konnten. Denn es waren wohl kaum dieselben, die vor Jahren oft auch brutal die Welt erobert haben. Heute ist man eher defensiv unterwegs. Es geht vermutlich nur noch darum, noch ein wenig die schwindende Substanz zu genießen und die Ängste vor der Zukunft auszublenden.

Was bleibt, wenn nichts mehr bleibt, ist vielleicht das präventive Anbiedern an die vermeintlichen Sieger der Geschichte, den woken Intellektuellen. Und der macht das Überlebte gerne größer als es ist. Allerdings ist der Sieg über alte weiße Loser jetzt nicht sehr beeindruckend.

Und die Inkriminierten? Die schweigen zu den Fabelgeschichten vom antirassistischen Kampf in Deutschland. Unter Umständen kompensieren sie so ihren Bedeutungsverlust durch die Fantasie, man lebe tatsächlich in einem postkolonialen, rassistischen und frauenfeindlichen System und sei noch irgendwie Herr über irgendwas. Anders gesagt: Ist es nicht schmeichelhaft, wenn man für einen Teufel gehalten wird, wo man eigentlich nur noch in Angst vor dem lebt, was da kommt? Die Identitätspolitik macht uns das letzte Mal zu den Herren der Geschichte, die wir schon lange nicht mehr sind. So gesehen, ist die Identitätspolitik sehr schmeichelhaft. Auch für alte weiße Männer wie mich. Man fühlt sich irgendwie noch ernstgenommen.   

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay


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