Lektion für den Westen: Schwäche wird bestraft

Die Ukraine-Krise wird ein lange notwendiges Wecksignal für einen woken Westen sein.
Die Mega-Lehre lautet: SCHWÄCHE WIRD BESTRAFT
Die 1. Lektion lautet: Militärische Schwäche wird bestraft. Ein militärisch schwacher Westen ermutigt seine totalitären Gegner. Ohne den desaströsen Afghanistan-Abzug hätte es keinen Ukraine-Überfall gegeben.

Die 2. Lektion ist: Moralische Schwäche wird bestraft.
Einer Gesellschaft für die Identitätspolitik, Transgenderreformen bei der Bundeswehr und Dekonstruktion des biologischen Geschlechts die wesentlichen gesellschaftlichen Themen sind und die sich vor den harten Sicherheitsfragen drückt wird bestraft.

Und die 3. Lektion ist: Der Verlust einer eigenen IDENTITÄT des Westens wird bestraft.
Auf die Frage: “Wer sind wir?” hat der Westen keine Antwort mehr. In der Systemkonkurrenz mit Russland und China, deren Menschen tief in ihrer kulturellen Identität verankert sind wird es ohne eine neue Antwort des Westens auf diese Frage zu einer kompletten Bedeutungslosigkeit unserer Kultur kommen.

Der Schlüssel zu all dem Wegbrechen ist die Verleugnung des Christentums als absoluten Referenzpunkt des Westens. Mittlerweile zeigt sich, dass selbst die sich vom Christentum emanzipiert geglaubten Säulen der Aufklärung wie Rationalität, Wissenschaft und Humanismus ohne die Verankerung im christlichen Wertekanon keine Chance haben gegen postmoderne Dekonstruktion und aktivistische Wissenschaft.

Gibt dich nie ganz hin

Putin ist sicher gegen das Gendern. Muss man deshalb für Putin sein? Die AfD ist gegen Massenzuwanderung aus dem muslimischen Raum. Muss man die Partei dann nicht wählen, wenn man es auch so sieht? Bestimmte Liberale sind für absolute Freiheit. Aber ähnelt die nicht am Ende einem Wahn? Rassismus ist sicher nicht schön. Aber was geschieht, wenn man dieses Problem immer mehr moralisch auflädt und am Ende paranoia-artig in allen und jedem erkennt? Kann man den Woken folgen, auch wenn man am Ende sich selbst bezichtigen muss, um den „Erleuchteten“ zu gefallen in der Hoffnung, bei ihnen Beißhemmung hervorzurufen. Ist die Linke eine Option, obwohl ihr Paradies auf Erden wie die Hölle selbst erscheinen muss? Sollte man melancholisch einer Zeit nachtrauern, die es vermutlich so nicht gegeben hat? Die Konservativen, was haben sie anzubieten, außer der Mahnung, den Unsinn noch ein wenig bleiben zu lassen, bevor man ihn dann zähneknirschend doch akzeptiert. Wenn man einigermaßen über die Runden kommen will, dann muss man sich wohl darüber klar sein, nichts ist ganz richtig. Meist sind die Angebote sogar übel und falsch. Es gilt deshalb: Wer dem Teufel in einer Sache recht gibt, muss ihm deswegen ja noch nicht die Seele überschreiben.

Was bleibt, das ist Skepsis als Grundhaltung, Skepsis gegenüber all den Ideen und geistigen Angeboten. Sich nicht hinzugeben, sondern allem gegenüber reserviert zu sein, ist vermutlich die Haltung, die einen ermöglicht, sich nicht ins Absolute zu begeben, wo man als Mensch bald verloren ist. Doch ist Skepsis nicht eine Ausflucht? „Die Skepsis ist nicht die Apotheose der Ratlosigkeit, sondern nur der Abschied vom Prinzipiellen.“ Das meinte der Philosoph Odo Marquardt. Natürlich fehlt den Skeptikern diese Begeisterungsfähigkeit und der Überschwang. Es fehlt ihnen aber auch das Rechthaberische, das Verbohrte und das Gefährliche. Daher ist Skepsis wohl das beste Gegengift zu den Ideologien, die im Schwange sind. Vermutlich aber war und ist sie das zu jeder Zeit.

Christian Kümpel

Ein Teil der deutschen Putin-Anhänger sind Volksverräter

Putin führt einen Angriffskrieg, wie es die Amerikaner vorausgesagt haben. Deutsche Putin-Anhänger hatten in den letzten Tagen dagegen überall mit einer unglaublichen sektenartigen Energie behauptet die Amerikaner würden lügen und der Westen solle Putin doch glauben. Ein Teil von diesen fanatischen Putin-Anhängern sind selber Lügner, die insgeheim auf einen neuen “Führer” Putin hoffen, der Europa erobert und Alexander Dugins Idee eines Eurasischen Reiches von Wladiwostock bis Lissabon errichtet. Diese sollten wir in Zukunft bezeichnen als das was sie sind: Volksverräter. Den anderen Teil sollten wir jedoch ermutigen, ihre eklatante Fehleinschätzung als dramatischen aber heilsamen Schock zu erleben, der ihnen die Augen öffnet.

Freiheit

Freiheit ist ein sehr komplexes Thema. Je näher man Freiheit betrachtet, desto mehr Formen tauchen auf. Da gibt es die positive Freiheit. Darunter versteht man, dass man Möglichkeiten hat, Freiheitsrechte auszuüben. Wer keinen Zugang zu Medien hat, der ist eben nicht ganz frei. Dann gibt es die negative Freiheit. Wer frei von inneren und äußeren Zwängen ist, der kann sich glücklich schätzen. Doch wer unter Ängsten leidet, der ist eben nicht frei. Natürlich kann man noch weitere Freiheitsformen finden. Zum Beispiel Vertragsfreiheit. Hier hat sich zumindest in den USA die Meinung durchgesetzt, diese Freiheit muss eingeschränkt werden. Denn ein Bäcker muss dort auch einem schwulen Hochzeitspaar eine Torte backen, selbst wenn dies seinen religiösen Vorstellungen widerspricht. Freiheit stößt auf Widerstand, besonders wenn andere Anerkennung einfordern. Doch das nur nebenbei.

Eine neue Freiheitsform scheint nun eine weitere Dimension zu erreichen. Ich spreche von der subjektiven Freiheit. Was ist darunter zu verstehen? Subjektive Freiheit meint, dass man sein kann, wer oder was man will, ohne dass man deshalb auf objektive Umstände hingewiesen werden dürfte. Jedermann kann so selbst darüber bestimmen, welches Geschlecht, welches Alter oder welche Hautfarbe er hat. Wer das nicht glaubt, der sei an Markus Ganserer erinnert. Er ist ein Mann, der von sich behauptet, eine Frau zu sein. Widerspruch kommt da nur noch von wenigen und wird mit Empörung belegt.

Leonardo da Vinci meinte einst: Wer nicht kann, was er will, muss das wollen, was er kann. Anders gesagt: Wer nicht fliegen kann, der ist so frei zu gehen. Er ist aber nicht so frei zu fliegen. Doch das war gestern. Der Freiheitsbegriff wird jetzt ins Subjekt gelegt, und zwar absolut. Das Problem dabei ist, dass man nun kaum noch zwischen Freiheit und Wahn unterscheiden kann.

Wie meinte der Psychologe Christian Scharfetter: „Wahn ist eine nur persönlich gültige, starre Überzeugung von der eigenen Lebenswirklichkeit, vor der Unterscheidung zwischen der „inneren“ Eigenwelt und „äußeren“ Umwelt. Wahn ist für den Kranken evidente Wirklichkeit. Der Wahn wird als gewiss, keines Beweises, keiner Begründung bedürftig erfahren. Wahn ist ein Wissen, kein vertrauendes oder im Zweifel dennoch wagendes Glauben. Die bisherige Erfahrung und zwingende Gegenargumente erschüttern die Wahngewissheit nicht. Zweifel wird nicht zugelassen. Eine Änderung des Standpunkts, eine Relativierung der Überzeugung ist nicht möglich.“ Und, so möchte ich ergänzen, der Wahn ist ansteckend, wenn die Wahnvorstellung von anderen zum Maßstab für die Wirklichkeit gemacht wird. Der “Wahnsinnige” bestimmt so für die Umwelt, was als wahr zu gelten hat.

Reaktionäre des 19. Jahrhunderts kritisierten, dass die Menschen durch die Revolution in die Freiheit entlassen würden und diese dem einzelnen ständig den Boden unter den Füßen wegziehe. Am Ende verliert das Individuum jeden Halt. Damit hatten sie nicht ganz unecht, weil Freiheit Maß braucht. Wird die Freiheit absolut in den Einzelnen gelegt, dann ist der Absturz die logische Folge. Inwieweit diese subjektive Freiheit nun die Freiheit anderer bedroht, objektive Gegebenheiten noch benennen zu dürfen, das wird die Freiheitsfrage der nächsten Jahre werden.

Christian Kümpel

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Wein und Wahn

Die Bild-Zeitung meldet: Die rheinland-pfälzische Familienministerin Katharina Binz (Grüne) startet einen „QueerWein“-Wettbewerb. Die Initiative richtet sich an lesbische, schwule, bisexuelle, intergeschlechtliche Winzer aus Rheinland-Pfalz. Bewerben können sich Weingüter, bei denen Nicht-Heterosexuelle „in verantwortlicher Position sind“. Man wolle 500 Flaschen aufkaufen, und Gästen im Land schenken.

Die Frage ist sicherlich erlaubt, was man mit so einem Wettbewerb bezweckt. Will man mehr Aufmerksamkeit für schwule Winzer? Dann wird es schwer. Denn bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet. Wünscht man zu beweisen, dass auch lesbische Weingüterbesitzer erlesene Qualität herstellen können? Das ist eigentlich nie bezweifelt worden. Soll Krövers Nacktarsch – eine Großlage an der Mosel – um andere anzügliche Namen ergänzt werden. Fahnenschwinger oder Oppenheimer Sackträger sind allerdings schon im Umlauf. Braucht man dafür also einen Wettbewerb? Oder geht es einfach nur darum zu zeigen, dass man als Grüner überall das Thema Gender verankern kann? Das könnte hinhauen. Als Grüner ist man ja quasi hauptamtlich verpflichtet, das Thema ständig aufs Tapet zu bringen. Dann wäre bald auch der schwule Müllwerker des Jahres oder der Monat der lesbischen Lehrerinnen fällig. Bald verschwände der Funktionsträger hinter der sexuellen Orientierung.

Wer da nun meint, das Ganze erinnere an einen Wahn, der liegt vermutlich nicht ganz falsch. Denn wo überall nur noch queeres Leben gesehen wird, da spricht man von Obsession. Und wer einmal der Obsession erliegt, dem ist nur noch schwer zu helfen.

Christian Kümpel
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Gehört LGBTQ die Zukunft?

Der Anteil der sich als Schwule, Lesben, Bi- oder Transsexuelle bekennenden Erwachsenen in den USA erreicht jedes Jahr neue Rekorde. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup ermittelt, dass nun über sieben Prozent der erwachsenen Personen sich selbst als lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell bezeichnen. Das wäre eine Verdoppelung im Vergleich zu 2012. Sollte die Entwicklung so weiter gehen, dann kann man davon ausgehen, dass im Jahre 2030 bereits über zehn Prozent der Einwohner schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell sind. Interessantes Detail: Besonders junge Menschen werden immer diverser. Doch stimmt das wirklich?

Man sollte diese Informationen zumindest hinterfragen. Denn bemerkenswert daran ist, dass sich zunächst einmal die meisten als bisexuell outen, nämlich fast 60 Prozent. Bisexualität muss man nicht groß beweisen. Wenn eine Frau mit einem Mann zusammen ist, kann sie ja behaupten, dass sie auch Frauen attraktiv findet, ohne dass das nun Folgen für ihr Liebesleben hätte. Manche glauben, dass wäre dann schon so etwas wie Bisexualität.

Und dann gibt es ja auch den In-Faktor. Weil LGBTQ eben nicht, wie einig behaupten, stigmatisiert wird, sondern unter jungen Leuten als cool gilt, wird es umso attraktiver sich nach außen als schwul darzustellen. Man wird sozusagen gleich viel interessanter, wenn man nicht heterosexuell ist. Hierzu passt auch, dass Distinktions- und Individualitätsgewinne immer schon durch Bekenntnis zur sexuellen Präferenz herzustellen waren. Erinnert sei hier nur an Don Juan oder Mae West. Heute ist es nur umgekehrt.

Nicht verschweigen darf man natürlich auch, dass in Umfragen häufig gelogen wird. Schon der Spiegel hat festgestellt: „Jüngere Menschen prahlen mit übertriebenem Konsum, ältere dagegen versuchen, ihr Trinkverhalten zu verharmlosen.“ Ähnlich dürfte es sich auch hier verhalten.

Zu bedenken ist auch Folgendes: Wenn Homosexualität auch nicht genetisch festgelegt ist, so kann man sich seine sexuelle Präferenz nicht so einfach aussuchen. Anders gesagt: Es gibt Faktoren, die diese Präferenz bestimmen und diese Faktoren haben sich vermutlich seit dem Jahre 1980 nicht geändert. Daher wird es kaum mehr Homosexuelle geben als vor 40 Jahren. Man kann also fast darauf wetten, dass es sich bei dem Anstieg um ein soziales Phänomen handelt. Das erinnert deshalb an eine Modekrankheit im 19. Jahrhundert.

Damals war die Diagnose Hysterie bei Frauen weit verbreitet, während man heute davon gar nichts mehr hört. Zu der Zeit haben Ärzte weibliche Beschwerden wie Nervosität, Schlafstörungen oder Atemnot darauf zurückgeführt, dass die Gebärmutter (Hystéra) im Körper der Patientin aufsteigen und letztlich zur Erstickung führen würde. Daraufhin, so erklärt der Medizinhistoriker Michael Stolberg, hätten viele Frauen sich mit dieser Diagnose identifiziert und vermeintlich am eigenen Körper gespürt, „wie das Organ ihnen den Hals hinaufwandert“. Anders gesagt: Wenn man nur lange genug in sich hineinhört, wird man den Schwulen in sich unfehlbar entdecken. Verbuchen wir daher das Ganze als Modeerscheinung. Von der Mode sagte Freifrau von Ebner-Eschenbach: Sobald eine Mode allgemein geworden ist, hat sie sich überlebt. So wie es aussieht, dürften wir den Punkt bald erreicht haben.

Christian Kümpel

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Bin ich, was ich fühle?

AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat in der Bundestagsdebatte zum Internationalen Frauentag den Grünen-Bundestagsabgeordneten, Tessa Ganserer, als Mann bezeichnet und ihn bei seinem Geburtsnamen, Markus Ganserer, genannt. Sie habe nicht dagegen, dass Ganserer sich wie eine Frau kleidet. Allerdings bleibe er ein Mann. Darauf gab es von den anderen Parteien harsche Kritik, was Frau von Storch vermutlich in die Karten spielt. Es fielen Begriffe wie abscheulich, homophob und menschenverachtend.

Ganserer selbst nimmt für sich Transidentität in Anspruch. Das schließe Menschen ein, die keine “chirurgische genitale Geschlechtsangleichung” in Anspruch nehmen. Anders gesagt: Er ist der Ansicht, man könne sein Geschlecht dadurch ändern, dass man sich als Frau fühlt.

Hat er Recht? Hier geht es um drei Fragen, die beantwortet werden müssen, um das zu ermitteln. Zunächst einmal wäre zu klären, was ein Mann ist. Dann müsste man klären, ob ein Mann allein durch Willenserklärung etwas anderes sein kann als ein Mann. Schließlich wäre zu klären, ob die Meinungsfreiheit auch die Meinung abdeckt, dass eine Person, die geschlechtlich ein Mann ist, auch als Mann bezeichnet werden darf.

Wikipedia definiert Mann folgendermaßen: “Die Entwicklung des biologischen Geschlechts ist genetisch bedingt durch ein Chromosomenpaar XY, wobei vor allem durch das Y-Chromosom sowie das männliche Sexualhormon Testosteron die Entwicklung männlicher primärer und sekundärer Geschlechtsmerkmale gesteuert wird. Männer produzieren Spermien, mit denen Eizellen befruchtet werden können. Sie sind im Gegensatz zu Frauen mit typischer genetischer Entwicklung in keiner Phase ihres Lebens in der Lage, schwanger zu werden. Zudem gibt es transgender Männer, deren Geschlechtsidentität von dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht abweicht…“ Man spricht also von Männern, die sich anders fühlen. Das widerspricht nicht dem, was von Storch sagt. Objektiv ist Ganserer ein Mann.

Und wie sieht es mit dem Willen aus? Kann der Wille Tatsachen ändern? Leonardo da Vinci sagte einst: Wer nicht kann, was er will, muss wollen, was er kann. Denn das zu wollen, was er nicht kann, wäre töricht. Soll heißen, dass der Wille begrenzt ist auf das, was möglich ist. Innerhalb dieser Grenzen sind wir frei. So kann man sich wünschen, ein Baum zu sein. Es aber ernsthaft zu tun, das wäre töricht. Frau Ganserer darf natürlich durchaus töricht sein. Hier aber auf den Willen von Ganserer abzuheben, hieße, uns dazu zu verdammen, den Irrsinn nicht als solchen benennen zu dürfen.

Natürlich kann man hier einwenden, dass der Subjektivismus das Maß aller Dinge sei. Hierzu schreibt Wikipedia: „Der individuale Subjektivismus erblickt im Einzelnen Individuum sowie seinem individuellen Bewusstsein das Maß aller Erkenntnis. Die individuelle Wahrnehmung und die individuellen Interessen des jeweiligen Subjektes bestimmen seine Realität, welche schon dadurch notwendig eine relative sei. Jedes Subjekt nehme die Außenwelt auf seine eigene Weise wahr.“ Demnach kann Ganserer durchaus meinen, er wäre eine Frau. Allerdings kann von Storch auch das Gegenteil meinen. Jeder bleibt in seiner Welt gefangen, weil man meint, es gebe keine Realität. Das mag man so sehen, kann jedoch nicht gegen von Storch verwendet werden.

Schließlich ist dann noch die Frage zu klären, wer darüber bestimmt, wie man jemanden anspricht. Ich kann mir das zutrauliche Du verbeten. Allerdings wäre es heutzutage kaum mehr als Beleidung anzusehen, wenn man mich so anspräche. Aber kann ich auch jemand verbieten, mich als Mann anzusprechen, wenn ich mich als Frau fühle, ohne es zu sein? Hier wird die Redefreiheit und die Meinungsfreiheit berührt. Sagen wir mal so: Wenn man einen Mann sieht, der Frauenkleider trägt und von mir verlangt, dass ich ihn als Frau anspreche, dann wird mein Recht verletzt, die Dinge so zu benennen, wie ich sie sehe. Wie es aussieht, scheint es für diese Ansicht eine Mehrheit im Parlament zu geben. Aber Mehrheiten können nicht über Tatsachen entscheiden. Ein Gesetz, dass es mir verbietet, einen Mann einen Mann zu nennen, wäre Unrecht. Sollte es kommen, dann begäbe sich Deutschland auf einen gefährlichen Weg. Zumindest ist es bis jetzt noch nicht so weit. Aus meiner Sicht bleibt Ganserer daher ein Mann. Aber auch objektiv ist er ein Mann. Dass er und das Parlament das anders sieht, hat von Storch nicht zu verantworten. Ganserer darf allerdings weiterhin geltend machen, dass seine Gefühle verletzt werden, wenn er als Mann bezeichnet wird. Darauf darf man Rücksicht nehmen. Allerdings sollte man sich über eins keine Illusionen machen: Gefühle sind ein Machtmittel im gesellschaftlichen Dauerkampf.

Christian Kümpel

Bild: Pixybay

Das Leben mit dem Buch verwechselt

Der Mensch, irgendwann ursprünglich und rein. Sein Leben ungetrübt und authentisch. Wann genau war das so? Darüber streiten sich die Philosophen. Jedenfalls war man also einst gleich, glücklich und gesund. Und weil ja die Moderne den Menschen aus dem Garten Eden vertrieben hätte, was liegt da näher, als sich in diese Zeit zurückzuversetzen?

Man könnte nun einwenden, dass es ja auch schon damals Ärger im Paradies gab. Doch es bleibt für einige dabei: Die gute Zeit ist entweder vorüber oder kommt erst noch. Für diejenigen, die eher das Schöne in der Vergangenheit verorten und mit ihr die Zukunft gestalten wollen, gibt es einiges im Angebot. Zum Beispiel die Anastasia-Buchreihe. Anastasia, das geistige Geschöpf des russischen Schriftstellers Wladimir Megre, ist eine Frau, die allein in der sibirischen Taiga lebt. Das Leben dort hat sie dabei keineswegs zum russischen Mütterchen verschrumpeln lassen. Im Gegenteil! Sie ist blendend schön und natürlich blond. Sie verfügt über Fähigkeiten, die manchem erstrebenswert erscheinen: Mit Eichhörnchen sprechen, Sachen teleportieren oder langatmige Verschwörungstheorien absondern.

Und die Blonde, über deren Schwestern es übrigens einige hervorragende Witze gibt, muss gegen einen bösen Oberpriester kämpfen, der das Gute und die Guten bedrängt. Mit im Gepäck des Übelmannes sind Demokratie und das ganze moderne Gedöns. Selbstverständlich ist das Ganze mit Antisemitismus aufgeladen. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Mensch in Verblendungszusammenhänge gerissen, aus denen er sich nicht mehr befreien kann, wenn er nicht auf Anastasia hört. Denn Durchblick hat nur die Dame aus der Taiga. So weit, so esoterisch, rassistisch und antimodern. Doch einige, die das gelesen haben, scheinen nun zu glauben, es handelt sich dem Unsinn um ein Sachbuch. Und sie sind fest überzeugt, dass sie, wenn sie so leben wie die Romanfigur, auch ihnen das Essen vom Dachs gebracht wird. So gibt es auch Dörfer in Deutschland, in denen Anastasia-Anhänger ihrem Idol nacheifern, zum Beispiel in Grabow im Bundesland Brandenburg. Was für Außenstehende aussieht wie schlechtes Mittelalter-Theater ist den Protagonisten allerdings bitterernst.

Glücklicherweise ist es so, dass die meisten Menschen noch den Unterschied zwischen Realität und Phantasie kennen. Doch Bücher können für einige in der Tat Programm werden. Carlos Castanedas Spinner-Werke waren ja auch schon für viele in den 70igern so etwas wie eine Gebrauchsanweisung zum richtigen Leben. Und so verschwinden auch heute in Deutschland Menschen in schlechten Büchern und tauchen daraus nicht mehr auf. Sollte man deswegen nun die Bücher verbieten? Natürlich nicht. Aber das hindert uns keinesfalls, uns daran zu erinnern, was Lichtenberg einst sagte: Bücher machen kluge Menschen klüger und dumme dümmer. Anastasia ist dafür ein gutes Beispiel.

Christian Kümpel

Club und Identität

Vergleicht man eine Gesellschaft wie die bundesrepublikanische mit einem Club, dann ergeben sich vielleicht neue Erkenntnisse. Wie funktioniert ein Club? In einem Club genießen die Mitglieder gewisse Privilegien. Sie wissen schon: Man kommt billiger an Kinokarten ran oder kriegt Krawatten mit einem schicken Logo. Außerdem gibt es eine Vereinsvergangenheit und Vereinsziele. Die verbinden. Doch was die Mitgliedschaft wirklich attraktiv macht: Sie ist exklusiv. Denn nicht jeder darf oder kann Mitglied werden. Auf Knappheit basiert deshalb unser Wunsch, Mitglied zu sein. Dass da draußen Leute sind, die nicht Mitglied werden können, macht die Mitgliedschaft also attraktiv.

Nun hat der Vorstand des Clubs beschlossen, dass Exklusivität nicht mehr so wichtig ist. Denn der Club ist leider überaltert. Man brauche neue Mitglieder, damit es weiter geht. Drum beschließt man: Mitglied darf jeder werden, der es durch den Eingang schafft. Das lassen sich die Leute vor dem Club nicht zweimal sagen. Denn auch sie wollen Kinokarten und schicke Krawatten. Sie strömen in Scharen in das Clubhaus und machen sich auf den schönen alten Sesseln breit.

Doch wie fühlen sich nun manche Alt-Mitglieder, denen die Distinguiertheit schmerzhaft fehlt? Sie verlieren die emotionale Bindung an den Verein, sie sind enttäuscht und manche verbittert. Dass der Vorstand nun auch ständig die Neuen bejubelt und die alten Mitglieder moralisch maßregelt, missfällt ebenfalls. Besonders zornig macht sie, dass emotionale, kulturelle und soziale Kosten der Veränderungen nicht diskutiert werden dürfen. Dafür hört man ständig einen tugendhaften Sound, von dem man ahnt, dass er bestimmten Zwecken dient. Unter anderem den, Fragen nach den Kosten für den Zusammenhalt nicht beantworten zu müssen. 

Über all die Probleme wird der Club am Ende immer mehr in Frage gestellt. Manche kündigen innerlich. Und die ersten fangen an, sich nach einem neuen Club umzusehen. Denn der Mensch als Gesellschaftstier braucht Zugehörigkeit. Diese Clubs sind allerdings kleiner als der große alte. Doch immerhin gelten in diesen kleineren Clubs wieder die alten Gesetze: Nicht jeder kann Clubmitglied werden, weil man nicht so ist, wie die vor der Tür. Wenn die Bundesrepublik tatsächlich wie ein Club sein sollte, dann kommen vermutlich interessante Zeiten auf uns zu.

Christian Kümpel

Ohne Empörung ist der Mensch nichts

Rassismus, Sexismus und andere Ismen, es wird bekanntermaßen immer schlimmer. Woran liegt es? Nicht unbedingt daran, dass es mehr davon gibt. Eher daran, dass die Sensoren auf ultraempfindlich gestellt worden sind. Beispiel gefällig. In den USA gibt es eine neue Bewegung. Man duscht dort weniger. Das spart Wasser und ist auch gut für die Haut. Weil aber nichts getan werden kann, ohne anderen zu signalisieren, was für ein guter Mensch man ist, machte die Hollywood-Prominenz ihre Wasserabstinenz umgehend bekannt. Doch nun droht die Rassismus-Falle. Denn das Nicht-Waschen ist ein weißes Privileg. Schwarze können es sich einfach nicht leisten zu stinken. https://www.mic.com/life/bragging-about-not-bathing-your-kids-is-a-blatant-act-of-white-privilege-82757199.

Natürlich ist es nicht erlaubt, jetzt laut zu lachen. Das machen wir lieber im Keller. Wenn wir uns dann wieder beruhigt haben, können wir uns ja mal fragen, wie unseren schwarzen, aber auch weißen Brüdern und Schwestern geholfen werden könnte. Mein Tipp: Man sollte die Psychologen fragen. Die haben festgestellt, dass Resilienz hilft. Resilient ist, wer es ohne Aufschrei durch den ach so rassistischen und sexistischen Alltag schafft. Ein gutes Beispiel für einen resilienten Menschen war übrigens Nelson Mandela, der nun weiß Gott Grund hatte, sich rassistisch bedrängt gefühlt zu haben. Doch hat er deswegen angefangen, sich zu beklagen? Nein! Er hat dem Gegner sogar die Hand ausgestreckt und ihn damit entwaffnet. Deshalb gilt er auch als sympathisch. Übrigens ist es ebenfalls eher abtörnend, damit anzugeben, dass man sich nicht wäscht. Auch wenn der Rassismus-Verdacht wieder mal sehr konstruiert erscheint. Doch zurück zu den konstruierten Mikroaggressionen, die man nur noch im Nano-Bereich messen kann.

Ja, ich weiß schon, wenn man nicht rumheulen oder mit abartigen Dingen nicht prahlen kann, dann ist man eigentlich fast kein Mensch mehr. Zumindest heutzutage. Sicher gäbe es auch Vorteile, mal was auszuhalten: Weicheier und Prahlhänse werden vielleicht gehört, aber nicht gemocht. Außerdem muss man immer empfindlicher werden, damit man überhaupt noch Rassismus bemerkt. Das geht ebenfalls auf die Psyche. Dennoch besteht keine Chance, dass wir uns zusammenreißen und aufhören, andere mit unseren peinlichen Empfindungen und Gedanken zu belästigen. Denn solange gilt „ich heule rum, also bin ich“ und solange diese Haltung von der Gesellschaft honoriert wird, solange wird sich die Empörungsmühle weiterdrehen. Das Phänomen kann man also zusammenfassen als erlerntes Empörungsyndrom. Durchaus ein Thema für Burrhus Frederic Skinner.

Christian Kümpel

Bild: Pixabay